Man
befindet sich in einer friedlichen, schönen Landschaft, unter freundlichen
Menschen im schönen Mai. Und dazu hört man Sätze über ähnliche Maitage,
die völlig absurd klingen, die aus einer anderen Welt, aus einer
Welt voller Hass stammen. Solche Satze etwa: "Im Mai 1940 kam
ich aus Warschau nach Gusen, die Gruppe zählte 1200 Personen, von
denen bei Kriegsende nur noch 200 am Leben waren. Mit diesem Transport
kamen lauter Intellektuelle, Geistliche, Wissenschafter, Richter,
Anwälte, Journalisten, Ärzte.." Oder einen anderen Satz über
andere Tage im Mai in diesem Ort und an dieser Stelle: "Ziereis
wusste nicht, wie ihm der Kopf stand, was ihn aber nicht hinderte,
jeden Morgen 30 bis 40 Häftlinge durch Genickschuss zu töten. Er beschleunigte
das Werk der Vernichtung. Der Kamin des Krematoriums räuchte Tag
und Nacht. - Die Häftlinge haben seit drei Tagen kein Brot mehr bekommen".
"13 Tage vor der Befreiung sind in Gusen II sechshundert Menschen
mit Hammern und Äxten erschlagen worden." Eine andere Welt.
Hatten w i r dorthin kommen müssen mit der für Gusen typischen Lebenserwartung
von 6 Monaten, hatten wir dann genug Mut und Kraft gehabt, Menschen
zu bleiben?
Wenn wir lesen, dass die Menschen in Gruppen diskutierten, versuchten
heimlich zu zeichnen oder nie abgeschickte Briefe und Gedichte zu
schreiben, dass się über die eigene Berufserfahrung berichteten,
über ihre Heimatstädte erzählen, Vortrage hielten, einander halfen.....
Da wird die Größe eines Menschen im Angesicht des Todes sichtbar.
Man spurt eine moralische Kraft vor denen, die solchen Mut haben.
Diese unfassbare Tragedie spielte sich hier in Gusen ab, das darf
nie vergessen werden. Die guten Taten und die bösen Taten werden
beschrieben, werden weiter erzählt. Das Heldentum, einem kranken
Freund das letzte Stück Brot in die Spitalsbaracke zu bringen, das
rettet die Ehre Europas und soll ewig als leuchtendes Beispiel dienen.
Gott sei Dank, sind nicht alle Pläne von damals in Erfüllung gegangen:
Die Absicht, noch in der Nacht vom fünften auf den sechsten Mai
1945 etwa 20.000 Häftlinge zusammen mit den Einwöhnern von Gusen
und St. Georgen in den Stollen zu töten, wurde nicht verwirklicht,
obwohl es so geplant war. Man wollte keine Augenzeugen. Ich möchte
mich heute an dieser Stelle beim Personenkomitee Gusen herzlich
bedanken, bei Herrn Minister Dr.
Strasser persönlich, beim Herrn Landeshauptmann
und bei den Bürgermeistern und Bewöhnern der beiden Gemeinden, dass
hier wirklich ein Durchbruch gelungen ist: Es wurde ein würdiger
Rahmen für die Geschichte, für das Andenken der Verstorbenen geschaffen,
ein Meditationsraum für Frieden und Gerechtigkeit. Das alles wird
Gusen in Zukunft sein.
Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. |