Liebster Adam!
Es überrascht uns, die hier Anwesenden, dass du auf einmal deine Pflicht als Photoreporter nicht erfüllst. Wir haben uns hier versammelt, deine Familie und deine Freunde - und du? Wo ist deine allgegenwärtige Kamera? Warum photographierst du nicht? Wieso verlangst du nicht und befiehlst uns nicht, uns photogen in Pose zu werfen? Wir sind doch alle hier! Wir, die du liebtest und respektiertest. Deine liebste Jasia, deine "Perlen", die Ludwinskis, und vor allem dein Augapfel, dein Enkel Niku¶. Sieh uns nur an: Hier haben sich zum Gedenken an dich die verehrte polnische Geistlichkeit, die polnische Diplomatie, deine Freunde und viele Bekannte versammelt. Jeder von uns trägt einen kleinen Teil von dir in sich, hast du doch auf jeden von uns einen guten, positiven, kreativen Einfluss gehabt. Du hast verbunden, nicht entzweit!
Ich erinnere mich and die Momente, in denen wir über die Höhen und Tiefen unseres Lebens sprachen. Du erzähltest dann bunte Geschichten, unter anderem über Kattowitz, über Prag und Barcelona, wo du dir den Ruf eines mustergültigen polnischen Sporttrainers erarbeitet hattest. Du erzähltest auch von deinem Leben in Wien. Aber deine wahre Liebe galt immer Lemberg. Du sangst über diese Stadt:
Der Reiche und der Arme sind hier Brüder
Und jeder hat ein Lächeln im Gesicht.
Süße Mädchen hat diese Stadt
wie Saft, Schokolade und Honig!
Man kann noch soviel reden,
Sag, was du willst:
Ein zweites Lemberg gibt es nicht!
Du stammtest aus Zamarstynów, dem Lemberger Bezirk, der harte, bis zum letzten Blutstropfen loyale Charaktere hervorgebracht hat. Kehre jetzt, es wird dir sicher angenehm sein, zu diesen Lemberger Zeiten zurück, und lausche den Melodien aus deiner Jugend.
Liebster Adam!
Deine Kamera hat auf einzigartige Weise und überraschend genau festgehalten, wie Polen in Österreich arbeiten, wie sie tanzen, malen, bildhauern, Sport treiben, wie sie beten... Du brachtest den Polen das Land an der Donau nahe, und diesem Land an der Donau die Polen. Du dokumentiertest auf die Visiten des Heiligen Vaters in Wien, hast aber auch nicht vergessen, mit deiner Kamera zum Versöhnungstag Juden in der Synagoge zu besuchen. Du warst oft im Bundeskanzleramt und hast dort unzählige Pressekonferenzen bildlich festgehalten, warst dir aber auch nicht zu schade zu zeigen, wie Polen es schaffen, sich auf Bällen zu amüsieren und am nächsten Tag wieder überraschend effektiv zu arbeiten. Das Material, das du angehäuft hast, reicht für viele zeitgeschichtliche Dissertationen. Es wird die Zeit kommen, in der junge Forscher anhand der von dir gemachten über hunderttausend Photos in ihren wissenschaftlichen Arbeiten den Anteil, den Polen an der Entwicklung Österreichs rekonstruieren werden, beweisen werden, dass wir Polen tatkräftig, fleißig, kreativ und Potroten sind - und doch auch unsere österreichische zweite Heimat sehr schätzen.
Die Republik Polen zeichnete dich für diese Sisyphusarbeit mit dem Kavalierskreuz aus. Du hast mich damals gebeten, für dich in der Botschaft die Laudatio zu halten, und hast darauf beharrt, dass ich Lemberger Motive in diese Rede einflechte. Und so sangen wir alle damals, auch der Botschafter, für dich Lemberger Lieder, so von Herzen, wie es selten geschieht in der Hietzinger Hauptstrasse.
Liebster Adam!
Wenn ich der Präsident von Polen wäre, würde ich zwei riesige Denkmäler stiften: eines für dich, für deinen ungebrochenen Charakter, für deine Beharrlichkeit, Polen untereinander zu versöhnen, und für deinen Glauben daran, dass es einmal gelingen wird, uns alle trotz immer wieder neuer Fehden unter dem Zeichen des Weißen Adlers zu versammeln. Dir gebührt auch ein Denkmal für das Heldentum, mit dem du deine schreckliche Krankheit ertragen hast. Du warst überhaupt nicht feige und hast dich gestellt. Wenn also diese Krankheit, diese geifernde Bestie, wenigstens ein Fünkchen Anstand gehabt hätte, hätte sie sich zurückgezogen, hätte sich als besiegt erklärt und wäre geflohen. Im Spital fandest du bist zu deinem letzten Tag so viel Kraft, dass du deine Nächsten aufgemuntert hast, alle aufgemuntert hast, die dich so zahlreich besuchten, und nicht darauf gewartet hast, dass wir dich aufmunterten. Du suchtest nicht nach Mitleid, warst bis zum letzten Atemzug stark.
Das zweite Denkmal wäre für deine geliebte Jasia, deine Ehefrau, die sich so selbstlos geopfert hat: Tag und Nacht hielt sie bei dir Wache, streichelte deine Hand und wischte dir den Schweiß von der Stirn. Sie wusch deinen gequälten Körper und wiederholte dir dauernd, dass alles gut würde, gut werden müsse. Jasia, wenn du dereinst den Weg einschlagen wirst, den Adam jetzt gegangen ist, wird für dich als Lohn für deinen unbeirrbar edlen Charakter ein Stuhl zur Rechten Gottes aufgestellt sein. Adam, du selbst weißt es am besten, dass ihre Pflege und Anteilnahme sämtliche Erwartungen an einen Menschen übertraf, nicht wahr? Wo immer du auch bist, belohne sie für diese unglaubliche Leistung. Und verliere die geliebten Ludwinskis und deinen über alles geliebten Enkel Niku¶ nicht für einen Augenblick aus den Augen!
Liebster Adam!
Heute gehst du von uns, du wirst jedoch auf uns warten, und wenn wir einmal uns auf der Wolke, auf der du - so, wie wir dich kennen - schon sicherlich ein neues Nachrichtenbüro aufgebaut haben wirst, erscheinen werden, wirst du auf unseren Anblick hin sofort nach der Kamera greifen und unsere Ankunft dokumentieren. Vielleicht empfängst du uns sogar mit einem Gläschen Wodka? Von dieser Wolke, von der du auf uns hinabschaust, wirst du dich um die Deinigen kümmern. Du wirst auch uns, deine Freunde, nicht vergessen, so, wie wir dich nicht vergessen werden. Für's Erste, lieber Adam, verkürze dir deine Wartezeit mit Melodien aus Deiner geliebten Stadt. Träumen sollst Du von Lemberg und von Niku¶ - deiner Hoffnung, deiner Liebe, deinem Stolz - Niku¶, der deine Spuren im unvergesslichen Lemberg sucht.
Gute Reise dorthin, nach oben, liebster Adam!
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Jaros³aw Dziedzic, Charge d'affaires a. i. RP |
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Wir sind heute voller Trauer hier zusammengekommen, um gemeinsam von Herrn Adam Kiss-Orski, einem wunderbaren Menschen, ausgezeichneten Sportler, Fechtmeister, Trainer und Jungenderzieher, Kultur Schaffenden, Journalisten und Fotoreporter, Abschied zu nehmen.
Es fällt uns überaus schwer, sich von einem Menschen zu verabschieden, der so viel in unseren Alltag eingebracht hat. Wir sind vor allem auch deshalb hier, um ihm zu versichern, dass die Erinnerung an ihn nicht verblasst, dass seine Leistungen, aber auch seine wunderbare Persönlichkeit, immer mit uns weiterleben werden.
Sein unermüdliches Bemühen, polnische Bräuche und Traditionen zu erhalten, ein positives Bild von Polen zu kreieren, sowie das Wissen über Land und Leute in Polen und außerhalb zu erweitern, bleibt immer sein wertvoller, persönlicher Anteil beim Aufbau von polnisch-österreichischen Beziehungen. Für sein berufliches und soziales Engagement wurde Herr Adam Kiss-Orski vom Präsidenten der Republik Polen mit dem Kavalierskreuz des Ordens der Verdienste um die Republik Polen ausgezeichnet.
Jeder von uns wird sich auf seine Weise an Adam Kiss-Orski erinnern. Die Familie wird ihn mit Sicherheit als einen warmherzigen, zärtlichen und liebenden Ehemann, Vater und Großvater in Erinnerung behalten. Die früheren Rivalen aus dem Fechtsport werden sich an einen schweren, aber immer fair kämpfenden Sportler erinnern. Seinen früheren Schützlingen wird er sicherlich als ein anspruchsvoller, aber auch verständnisvoller Trainer in Erinnerung bleiben, der fähig war, sie zu noch höheren Leistungen anzuspornen.
Ich selbst hatte die Ehre mit Herrn Adam Kiss-Orski, dem Chefredakteur von dem Internet Portal Austriapol, zu arbeiten. Unsere Kontakte waren vor allem beruflicher Natur, aber ich hatte auch Gelegenheit, ihn als einen ehrlichen und offenen Menschen kennen zu lernen, der mit Leidenschaft und vollen Einsatz einen weiteren Beruf in seinem Leben ausführt.
Wir haben uns am 19 März 2003 kennen gelernt. Das "Polnische Jahr in Österreich" ging gerade zu Ende, und in dessen Rahmen fand die Ausstellung der polnischen Malerei der Zwischenkriegszeit "Der Neue Staat" im Leopold Museum in Wien statt, die eine Gelegenheit für die Botschafterin Frau Irena Lipowicz darstellte, sich und ihre zwei neuen Mitarbeiter, einem breiteren Publikum vorzustellen.
Würde denn irgendjemand von uns, sich heute an dieses Ereignis, das fast genau fünf Jahre her ist, erinnern, falls ihm Adam Kiss-Orski nicht eine Reportage gewidmet hätte, die man heute noch auf denn Seiten von Austriapol anschauen kann? Allein dieses Ereignis- in sich nach all den Jahren eigentlich unbedeutend, wie ja auch viele andere Ereignisse, die nach Jahren unbedeutend werden, die jedoch unser Leben ausmachen. Jedoch die Erfassung solcher scheinbar unbedeutender Ereignisse mit der Fotokamera, die Zusammenstellung- zeitlich verstreut- und Erhaltung derselben im kollektiven Gedächtnis in der Form einer Adam Kiss-Orski Reportage, kreiert ein interessantes, vielschichtiges Bild des polnischen Lebens in Wien. Und dieses allein ist schon außergewöhnlich viel wert. Zu schätzen weißt man sie erst nach vielen Jahren, wenn man sich rückblickend die Ergebnisse von ausdauernder, konsequenter und kreativer Arbeit von Herrn Adam Kiss-Orski anschaut. Dank dieser Arbeit erwarb er sich ein Ansehen nicht nur unter den Mitgliedern der polnischen Gemeinschaft in Österreich, wie man an der großen Zahl der hier zu diesem traurigen Anlass Versammelten erkennen kann. Seine Verdienste um in Österreich lebenden Polen wurden auch durch die Regierung der Republik Polen anerkannt, was Ausdruck in der Verleihung einer hohen Staatsauszeichnung gefunden hat.
Während ich heute im Namen der polnischen Diplomatie in Wien vom Herren Adam Kiss-Orski Abschied nehme, möchte ich auch an seine Mitarbeiter und Nachfolger in der Redaktion des Portals appellieren, sein Werk fortzusetzen. Das wird nicht leicht sein, denn wie es sich für einen guten Sportler gehört, hinterließ Herr Adam, als er von uns ging, eine hoch gelegte Messlatte. Es wird nicht leicht sein, aber es ist zahlt sich aus, diese zu nehmen. Nicht nur wegen der Stellung und Bedeutung, die Austriapol in der polnischen Gemeinschaft in Wien innehat, sondern vor allem weil Herr Adam Kiss-Orski dadurch weiterhin unter uns präsent sein würde.